Die Produktion von Ökostrom wird je nach Helligkeit, Jahreszeit und Wetter zeitweilig weit unter den Bedarf sinken. Das Problem ist, dass ein weiterer Ausbau erneuerbarer Energien dies auch nicht ausgleichen bzw. verhindern wird.
Elektrischer Strom darf nicht ausfallen, da kritische Infrastruktur (Informations- und Kommunikations-Technik [IKT], Krankenhäuser, Wasser- und Gasversorgung etc.), Industrie und viele weitere Verbraucher auf eine zuverlässige Energieversorgung angewiesen sind. Da mit der Abschaltung der fossilen und nuklearen Kraftwerke fast der gesamte regelbare Teil der Kraftwerksleistung entfällt, müssen zur Überbrückung kalter Dunkelflauten etwa 15 % des jährlichen Strombedarfs jederzeit mit der notwendigen Netzleistung aus anderen grünen Quellen abrufbar sein.
Stromlieferungen aus dem außereuropäischen Ausland werden die Leistungsschwankungen der Sonnen- und Windenergie nicht ersetzen können.
Europas Primärenergiebedarf aus dem Jahr 2019 ist so hoch (17.100 TWh), dass theoretisch 488 Hochspannungsleitungen mit je 4 GW Leistung [5] für den Import via Stromleitungen aus angrenzenden Ländern notwendig wären. Derzeit existieren weltweit nur 19 derartige Leitungen. Und: Prinzipiell können Schnellstart-Kraftwerke (SK) Leistungsausfälle ersetzen. Da jedoch alle europäischen SK zusammen nur einen Leistungsausfall von maximal 3 GW abfedern können, würde bereits beim Ausfall von nur einer einzigen der 488 Hochspannungsleitungen das Risiko eines Blackouts unvertretbar zunehmen. [6]
Kalte Dunkelflauten werden mittelfristig weiterhin nur von kalorischen Kraftwerken ausgeglichen werden können?. Dazu müssen hinreichende Mengen treibhausgasneutraler Brennstoffe (Synfuels) vorrätig gehalten werden.
Der Offshore-Windpark Arkona hat eine Größe von 39 kmÇ und produzierte 2019 1,5 TWh Strom [7]. Mit dieser Energie könnte Methan oder Diesel erzeugt werden. Aufgrund der hohen Energiedichte flüssiger Brennstoffe würde die Herstellung zur Befüllung eines einzigen Flüssiggastankers mit 250 Mio. Liter Tankvolumen 18 bis 26 Monate dauern (bei einem Dieseltanker mit 350 Mio. Liter wären es zweieinhalb bis vier Jahre). Das Löschen des Tankers würde hingegen weniger als einen Tag in Anspruch nehmen.
Dieses Beispiel zeigt, dass die Produktion von Synfuels außergewöhnlich große Flächen erfordert, die im dicht besiedelten Europa schlichtweg nicht verfügbar sind. In anderen Teilen der Welt (z. B. Nordafrika, Kanada, Patagonien, Zentralasien) gibt es nicht nur mehr Platz, sondern auch mehr Wind oder stärkere Sonneneinstrahlung als in Europa. Aufgrund günstigerer Standortbedingungen verbessert sich die Energieausbeute der Anlagen dort gegenüber Europa um einen Faktor 2 bis 3. [8] Dadurch wird die Anzahl der erforderlichen Wind- und Solarkraftwerke sowie Syntheseanlagen gesenkt und bei der Errichtung der Anlagen werden entsprechend weniger Treibhausgase freigesetzt. Die Maßnahmen werden demzufolge effizienter, außerdem verringern sich die Investitionskosten markant.
Nicht alle Brennstoffe kommen für den Transport über weite Strecken in Frage:
Wasserstoff muss für den Transport stark komprimiert oder (durch Kühlung bis auf -256 °C) verflüssigt werden. Die Energieverluste durch die Kühlung und die interkontinentale Transport- und Verteilinfrastruktur, die dafür neu errichtet werden müsste, würden sehr hohe Treibhausgasemissionen und hohe Kosten verursachen. Bereits realisierte Projekte für interkontinentale Entfernungen sind nicht bekannt. [9]
Synthetische Kraftstoffe werden aus dem Energieträger Wasserstoff gewonnen?. Durch die atomare Verbindung mit Kohlenstoff oder Stickstoff erhält der Wasserstoff eine höhere volumetrische Energiedichte. Die synthetischen Kraftstoffe können mit Infrastruktur, die bereits vorhanden ist, gespeichert und transportiert werden. Die Transportkosten sind bezogen auf den Wert der Ladung gering.
Per Elektrolyse gewonnener Wasserstoff (z. B. aus Windkraftanlagen oder Photovoltaik) kann nicht in den benötigten Mengen interkontinental transportiert werden, sondern muss zu diesem Zweck in Methan, flüssige Kohlenwasserstoffe oder Ammoniak umgewandelt werden. Wasserstoff wird daher vorrangig innerhalb Europas produziert werden müssen.